Ein Paar Worte über unser Verhalten

Im Alltag sieht es so aus, als ob bestimmte Situationen unweigerlich zu bestimmten Reaktionen führen:
Situation (A)

Jemand drängt sich vor dir in einer Schlange in der Schulkantine


Jemand schaut dich an, sagt irgendwas zu seinem Freund und lacht


Dein Freund/Deine Freundin hat ein Treffen mit dir kurzfristig abgesagt und sich statt dessen mit jemandem Anderen getroffen

 Reaktion (B)

Du ärgerst dich/drängst ihn wieder raus/schimpfst/schlägst/beklagst dich

Du ärgerst dich/bist beleidigt/schimpfst/greifst an/ziehst dich zurück…


Du ärgerst dich/bist beleidigt/machst Vorwürfe/ziehst dich zurück


Du sagst: „Wie hätte ich denn sonst reagieren können? Er hat doch…“ Als ob du dich in einem engen Tunnel befinden würdest und immer nur von A nach B bewegen könntest. Aber stimmt das wirklich?

Nehmen wir an, es ist nicht so und du bist freier in deinem Verhalten, als du denkst. Denn:

Was bestimmt dein Verhalten?
Wie kannst du es beeinflussen?

! In Wirklichkeit machst du noch einen Zwischenschritt auf dem Weg vom Auslöser (A) zur Reaktion (B), wenn auch meistens unbemerkt !
Situation (A)

Jemand drängt sich vor dir in einer Schlange in der Schulkantine




Jemand schaut dich an, sagt irgendwas zu seinem Freund und lacht



Dein Freund/Deine Freundin hat ein Treffen mit dir kurzfristig abgesagt und sich statt dessen mit jemandem Anderen getroffen
Interpretation (I)

Was für ein Schwein! Denkt er, er sei was Besseres? Will er mir meine Rechte klauen? Will er mich lächerlich machen? Man ignoriert mich immer, weil ich nichts wert bin…

Sie lachen über mich. Alle finden mich lächerlich. Er erzählt bestimmt was Blödes über mich. Er will mich provozieren…

Er/sie mag ihn/sie mehr als mich. Er/sie ist so unzuverlässig! Keiner will mit mir befreundet sein…
Reaktion (B)
 
Du ärgerst dich/drängst ihn wieder raus/schimpfst/schlägst/beklagst dich




Du ärgerst dich/bist beleidigt/schimpfst/greifst an/ziehst dich zurück…


Du ärgerst dich/bist beleidigt/machst Vorwürfe/ziehst dich zurück

Hier hast du vielleicht bemerkt, dass nicht die Situation an sich, sondern deine Gedanken dazu (I – Interpretation) deine Reaktion bestimmen.
„Ja, aber es ist doch das Gleiche! - sagst du, – Was kann man denn sonst dazu denken? Ist doch trotzdem ein Tunnel.“
Wahrhaftig, Was kann man sonst dazu denken?

Nun, ich probiere es aus meiner Sicht:
Situation (A)

Jemand drängt sich vor dir in einer Schlange in der Schulkantine






Jemand schaut dich an, sagt irgendwas zu seinem Freund und lacht






Dein Freund/Deine Freundin hat ein Treffen mit dir kurzfristig abgesagt und sich statt dessen mit jemandem Anderen getroffen


Interpretation (I)

"Vielleicht muss er in der nächsten Stunde ein Referat halten und muss das Ganze noch schnell durchgehen" "Vielleicht hat er seit gestern nichts zum Essen bekommen, der Arme..." "Vielleicht hat er mich gar nicht bemerkt?"

"Vielleicht lachen sie ja gar nicht über mich - ist nur ein Zufall" "Vielleicht erzählt er gerade, was wir letzte Woche zusammen angestellt haben" „Vielleicht will er mich wirklich ärgern, aber ich bin doch keine Marionette – ich mache nicht das, was er von mir erwartet“…

„Vielleicht hatte er was Dringendes mit dem Anderen zu besprechen.“ „Vielleicht braucht der Andere seine Hilfe.“ „Sie/er ist schließlich meine Freundin/mein Freund – ich vertraue ihr/ihm“.
Reaktion (B)

Du ärgerst dich nicht, du fragst ihn, warum er es so dringend hat, weist ihn darauf hin, dass du auch hier wartest, fragst ihn, ob er Hilfe braucht...




Du ärgerst dich nicht, ignorierst das Geschehen und gehst deines Weges, du lächelst vor dich hin...





Du teilst ihr/ihm dein unangenehmes Gefühl mit und fragst, was wirklich los war…



Hier habe ich meine Gedanken als Beispiel genommen. Ich habe mich nicht mehr im Tunnel bewegt, sondern auf einem freien Feld mit vielen Wegen und Pfädchen. Möchtest du es mit deinen Gedanken auch probieren? 
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